Der bewaffnete Untergrundkampf der Gorjani [8]

Nach der Einführung der kommunistischen Macht im Herbst 1944 in Bulgarien, begann parallel zum legalen politischen Kampf der Opposition eine illegale Widerstandsbewegung aktiv zu werden, die bewaffnete Gruppen organisierte. Die Freiheitskämpfer, “Gorjani“ (von bulg. „gora“, der „Wald“) genannt, stammten aus allen Schichten der bulgarischen Gesellschaft. Die meisten kamen aber aus der Bauernschicht, darunter viele arme Landwirte, die sich sehr massiv der Kollektivierung und Zwangsenteignung ihres Bodens widersetzten.
Gegen Ende 1947 machten die Bauern 47% in der Widerstandsbewegung aus, in den Folgejahren 1950 – 1951 stieg ihr Anteil sogar auf 70%. Nach der Zerschlagung der Oppositionsparteien und während der Kampagnen zur Massenkollektivierung der Landwirtschaft, der Enteignung des Privateigentums in den Städten und der damit erfolgten totalen Sowjetisierung des Lebens in Bulgarien, erfasste die Gorjani-Bewegung das ganze Land. In den 1950er Jahren gab es deshalb in Bulgarien keine Gebirgsgegend ohne bewaffnete und schlagkräftige Gorjani-Abteilungen, die durch ein breites Netz von Helfern und Verbindungsleuten unterstützt wurden.
Für die Bekämpfung des illegalen und bewaffneten Widerstandes Ende 1948 wurden die ersten Abteilungen der inneren Streitkräfte rekrutiert, welche im Oktober 1950 eine Stärke von zehn Bataillonen hatten: zwei in Sofia und jeweils einen in Plovdiv, Burgas, Varna, Stara Zagora, Jambol, Blagoevgrad und Belogradtchik. Mit Beschluss des Politbüro des ZK der BKP wurden die Inneren Streitkräfte in Division umgruppiert und die Anzahl vergrößert.

Im selbigen Beschluss heißt es, „ sie werden erzogen und handeln wie die Inneren Streitkräfte der Sowjetunion“ und müssen „dem ZK der BKP bis zum Tod ergeben sein“. Sie und die Staatssicherheit bekommen den Auftrag, die Gorjanitchetas und die Wider-standsbewegung in Bulgarien zu vernichten.

In ihren Berichten aus dem Jahr 1951 konstatierte die Staatssicherheit die Aufdeckung von 176 illegalen Gruppen und Organisationen in Bulgarien, davon allein 47 in Sofia. Am 1. Oktober 1951, bei der Aktion gegen ein Gorjani-Tcheta (Tcheta – bewaffneter Bürgerwehrtrupp) im Turijawald bei Kasanlak, wurden 19 Jugendliche getötet. Zur gleichen Zeit führten Sicherheitskräfte in der Iskarschlucht ein schweres Gefecht gegen zwei 30 bis 40 Mann starke Gorjani-Tchetas.

Von April 1951 bis Oktober 1962 sendete die Radiostation „Gorjanin“ als eine Stimme der Widerstandsbewegung des bulgarischen Volkes gegen die kommunistische Diktatur und die Sowjetisierung des Landes.

Aus einer Sendung des Radiosenders „Gorjanin“ im Mai 1955:
„Hier spricht Radio Gorjanin – die Stimme des bulgarischen Widerstandes.
Brüder, lasst uns nicht aufhören zu kämpfen für den Tag der Freiheit,
um unser heiliges Land aus der bolschewistischen Sklaverei zu befreien …“

Der bewaffnete Widerstand des bulgarischen Volkes fand während all dieser Jahre seinen moralischen Halt in der Hoffnung, dass die Opfer dieses ungleichen Kampfes gegen das ihm aufgezwungene kommunistische Regime von der internationalen demokratischen Gemeinschaft richtig eingeschätzt werden und das Eingreifen der Großmächte für die Befreiung Bulgariens herausfordern.

Illegale Gruppen und Organisationen

  • „Geheime national-patriotische Kräfte“: bewaffnete Organisation von 30 Mitgliedern, darunter auch Schüler aus dem 2. Sofioter Jungengymnasium, gegründet im Jahr 1945 und geleitet von Petar Pejtchev
  • „Geheime antibolschewistische Organisation“: gegründet von Jugendlichen in Kjustendil im Jahr 1945
  • illegale Organisation im Pirdoper Bezirk: gegründet im Jahre 1947 von Stojtcho Chistof Karadzhov
  • „Nationales christliches Kreuz“: illegale Organisation, gegründet am 27. August 1947 in Imaret dere (Hajduschki poljani), Smoljan, mit Anführer Angel Stefanov, die 300 Mitglieder zählt und Ende Dezember 1948 zwei Widerstandsgruppen formiert: die „Tcheta des Todes“ und „Das fliegende Tcheta“
  • „Bewegung für Volkseinigkeit“, Sofia, 1948
  • „Nationale Kampfbewegung“ aus dem Dorf Slivnitza in der Nähe von Sofia, 1948
  • illegale Bezirksbauernorganisation „Nikola Petkov“ organisiert 1948, Anführer Petar Mesakov, Tzanko Georgiev und Bojan Popov, Operationsgebiet um die Stadt Tran
  • Jugendgruppe für Kampf gegen die „Volksmacht“, Silistra, 1949
  • llegale Jugendmilitärorganisation für bewaffneten Kampf, Haskovo, 1949
  • illegale Gruppe „Volksverteidigung“, Stara Zagora, 1949
  • bewaffnete Gruppe von Legionären, die Sprengstoffanschläge in Plovdiv ausgeführt hat, 1949
  • illegale Jugendgruppe, Dorf Artchar, 1949
  • illegale Organisation „Freies Bulgarien“: gegründet von Lijdmil Kunov im Jahre 1949
  • ilegale Organisation „Verband der freien Krieger“ gegründet 1949 in der Gegend um Pazardzhik im Widerstand gegen die Zwangskooperierung, ca. 280 Mann stark
  • illegale patriotische Organisation: Formiert im Gebiet um Tran Anfang 1949 unter der Leitung von Nikola Jordanov-Gudzho, Kommandeur der bewaffneten 80 Mann starken Gorjanitcheta. Die Organisation wächst bis auf 450 Mitglieder, erfasst 40 Dörfer im Bezirk Bresnik und 10 Dörfer in Bezirk Tran und bildet 30 Kampfgruppen
  • „Bulgarische Widerstandsbewegung“ Illegale Organisation mit 200 Mitgliedern, gebildet im Herbst 1950 auf Initiative und unter der Führung von Blagoj Zlatanski, erschossen 1953.
    Verbindungen zu den Gorjani in Dupnitza
  •  „Orange Partei“: Illegale Organisation der Klein- und Mittelbauern im Bezirk Jambol mit eigenen Organisationsstrukturen in 21 Dörfer,
    gebildet 1951
  • „Gebietsbauernzentrum Nr. 1“: illegale Organisation im Bezirk Russe, gebildet in Russe im Herbst 1950
  • Samokover illegale Organisation: gebildet im Herbst 1950 mit Aktionsradius im Samokover und Kjüstendiler Gebiet, aufgedeckt im Herbst 1951, die Anführer wurden zum Tode verurteilt
  • Widerstandskommitee – illegale Organisation im Gebiet Sliven, gebildet 1950 unter der Leitung von Kosta Dejkov. Die Organisation stellt eigene Gruppen in 19 Dörfern in den Gebieten Slivener, Kazanlaker, und Nova Zagora
  • illegaler Jungbauernverband zum Kampf gegen die Volksmacht, Sofia 1950
  • Illegale Organisation „Bulgarische Widerstandsbewegung“, Sofia 1950
  • Samokover illegale Organisation: gegründet im Herbst 1950 von Kiril Besov, Atanas Bataschky und Vasil Mischev, mit dem Ziel, „mit der Waffe in der Hand für die Absetzung der Macht zu kämpfen“, sie zählt 68 Mitglieder
  • Illegale Jugendgruppe „Freiheitsruf: Gebildet im Sommer 1950 im Gebiet Ihtiman unter der Leitung von Slavtcho Zaschev. Zaschev wurde 1952 zum Tod durch Erschießen verurteilt, sein Bruder Assen zur mehrjährige Haft und Straflager
  • „Antivaterländischefront“, Jugendorganisation, Sofia und Plovdiv 1951
  • „Studentenpartisanen“: illegale Organisation der vom Studium relegierten Studenten, Sofia, 1951
  • illegale Organisation „Ich bin Bulgare“ gegründet 1951 in der Gegend um Plovdiv
  • „Organisation der Widerstandsbewegung in Bulgarien-Gorjani“: illegale Organisation, gegründet am 15. April 1951 in Plovdiv mit der Aufgabe, illegale bewaffnete Tschetas auszubilden. Im gleichen Jahr organisiert sie vier Gorjanitchetas in den Gebieten Kazanlak, Karlovo, Assenovgrad und Parvenetz bei Plovdiv

>> Bewaffnete Gorjanitchetas [9]


Ostergrusskarte des Widerstandes,
Museum der MVR, Foto F.K.

Flugblätter der Widerstandsbewegung,
Museum der MVR, Foto F.K.