Terror in den ersten Tagen [2]

Karikatur: Werde Rot!
Gleich in den ersten Tagen nach dem Putsch vom 9. September 1944 begann die kommunistische Partei, ihre Macht mit Massenverfolgungen sowie zahlreichen Morden durchzusetzen. Bürger wurden ohne Anklage oder Gerichtsurteile, allein aufgrund von Denunziationen durch Parteiaktivisten zu „Volksfeinden“ erklärt. Die Zahl der Getöteten und Verschwundenen lag bei weit über 30 000 Menschen.
Im Telegramm Nr. 10 des ZK vom 13. September 1944 berichtete Valko Tchervenkov, hoher Parteifunktionär der BKP Georgi Dimitrov, stellvertretender Leiter der Abteilung Internationale Information beim ZK der KPdSU und ab 1946 bulgarischer Ministerpräsident in Moskau, über die Durchführung der Massensäuberungen:
„Der Faschismus ist gefallen […] aber der Kampf ist nicht beendet. […]In den ersten Tagen der Revolution wurden spontan die Rechnungen mit unseren bösartigsten Feinden, die in unsere Hände fielen, beglichen. Nun ergreifen wir Maßnahmen, um dafür die Strafverfolgungsorgane zu engagieren. Der Justizminister arbeitet daran, Volkstribunale zu errichten […] Aus bewaffneten Gruppen von Parteimitgliedern und Komsomolzen werden stillschweigend Stoßtrupps für besonders verantwortungsvolle Aufgaben aufgebaut.“
In einem Brief vom 17. Oktober 1944 bestätigt der spätere bulgarische Ministerpräsident seinerseits das gewalttätige Vorgehen der Kommunisten:
„Die Verräter, die Provokateure, die Feinde werden gnadenlos bestraft. Dem Feind ist ein sehr starker Schlag zugefügt. Unseren Genossen ist es aber nicht gelungen, die Köpfe unserer Feinde in den ersten Tagen abzuschlagen.
Deshalb wurde die Massensäuberung während der letzten zwei Wochen durchgeführt.“

Die Kommunistische Partei, die über die Ministerien des Inneren und der Justiz verfügte, bekämpfte gnadenlos ihre Gegner und potentiellen Opponenten mit Massenrepressionen, Morden, Verhaftungen, Verbannungen und anderen Gewalttaten. Der Terror umfasste alle Ebenen des ökonomischen, politischen und sozialen Lebens des Landes.
Die Regierung der „Vaterländischen Front“ setzte zugleich eine ganze Reihe repressiver Gesetze und Verordnungen in Kraft.

Am 20. Oktober 1944
„Durchführungsverordnung des Gesetzes zur Säuberung des Lehrer- und Lektorenpersonals in den Volks-, Grund- und Mittelstufenschulen, Lehrer-instituten und in den Universitäten, Hochschulen und Akademien“

Am 2. November 1944
„Durchführungsverordnung des Gesetzes zur Anstellung, Kündigung und Zensierung der Angestellten in der Administration des MdI und in der zeitweiligen Stadtverwaltung“

Am 6. November 1944
„Erlass zur Änderung und Ergänzung der Vorschrift zwecks Anstellung, Versetzung, Kürzung und Kündigung der Lehrer in den Gymnasien“

14. März 1945
„Verordnung zur Änderung der Verordnung zwecks zeitweiliger Erleichterung der Wohnungskrise und zwecks Erhalt der gesellschaftlichen Ruhe und Ordnung in Sofia“

Weitere Verordnungen, Erlasse und Verfügungen privilegierten die Unterstützer der neuen Macht und beschränkten die Grundrechte der Bürger:

12. Oktober 1944
„Durchführungsverordnung des Gesetzes für das zeitweilige Außerkraftsetzen der Bildungsqualifikation laut Gesetz für die Posten, Qualifikation, Gehälter und Vergütung der Staatsangestellten“

24. Oktober 1945
„Durchführungsverordnung des Gesetzes zur Anerkennung der Rechte der Hochschulabsolventen bei der Besetzung von staatlichen und gesellschaftlichen Ämter sowie der Schriftsteller und Mitglieder des Schriftstellerverbandes ohne Hochschulausbildung“

29. April 1945
„Durchführungsverordnung des Gesetzes für die Unterstützung der Opfer des antifaschistischen Kampfes und für die Freiheit des Volkes“

Am 14. Januar 1948 wurde das Gesetz über den Entzug der Erbrenten von Personen verabschiedet, die der „faschistischen Tätigkeit“ überführt waren.
Auf der Basis dieses Gesetzes wurde in der Zeit zwischen dem 9. September 1944 und dem 3. März 1945 allen „spurlos Verschwundenen“, den Verurteilten sogenannter „Volksgerichte“ sowie den Subsummierten weiterer Kategorien sämtliche Renten und Pensionen entzogen. Auf diese Weise wurden zahlreiche Personen, die jahrelang in Versicherungen eingezahlt hatten, ihrer Existenzsicherung beraubt, und die Rentenanstalt wurde ein Teil des repressiven Apparates.

Der administrative Apparat wurde vollständig ausgetauscht, einschließlich des Justizsystems. Als neue Richter und Ermittler wurden ehemalige Partisanen und politische Häftlinge sowie Parteifunktionäre eingesetzt, die weder über die erforderliche Bildungsqualifikation, noch über eine spezielle Berufserfahrung verfügten. Das Prinzip der Unabhängigkeit des Gerichtssystem wurde eliminiert.
Alle Gerichts- und Verwaltungsorgane kamen in die vollständige Abhängigkeit des Komitees der „Vaterländischen Front“ und damit der Kommunistischen Partei.

Die „Neue Züricher Zeitung“ schrieb am 19. 3. 1945:
„In Bulgarien sind fast alle Elemente, die man bei uns demokratisch nennt, eliminiert[…] Das Recht auf Leben wird nur für vier Gruppen anerkannt, die die „Otetchestven Front“ bilden: Kommunisten, linke Bauern, Sozialisten und Zwenaren…“
(„Zweno“- Offiziersgruppierung)

Die Deportation der Deutschen aus Bulgarien

Laut Punkt 1b. der von Bulgarien unterzeichneten Friedensvereinbarung, wurde die bulgarische Regierung verpflichtet alle Deutschen zu deportieren. Zur Erfüllung dieser Bedingung internierte die Regierung eine Gruppe deutscher Bürger im dafür bestimmten Ort Pavel Banya.
Die sowjetische Verwaltung bestand entgegen der bulgarischen Verfassung auch auf der Internierung aller deutschstämmigen bulgarischen Bürger, Ehefrauen und -männer von Bulgaren.
(Im Gegensatz dazu rettete Bulgarien mit dieser verwandtschaftlichen Begründung 1943 seine jüdischstämmigen Bürger vor Deportation in die Todeslager.)

In einem Brief vom 28. Dezember 1944 wies General Birjüzow den bulgarischen Außenminister Petko Stajnov an: „….alle arbeitsfähigen Deutschen, ob Staatsangehörige Deutschlands, Ungarns, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens, Rumäniens oder Bulgariens, die wohnhaft in Bulgarien sind, unterstehen ab sofort der Mobilmachung und der Internierung zur Arbeit in der UdSSR.“

Im selben Brief waren die Sammelpunkte für die Deutschen festgelegt sowie der Termin 1. Januar 1945, an dem sie nach Russland verschickt werden sollten. Jeder, der sich nicht am festgelegten Sammelpunkt einfand, wurde gerichtlich verfolgt. Die Gerichtsprozesse wurden in schneller Prozedur innerhalb von 24 Stunden durchgeführt.
Gegen Verwandte und nahe Angehörige, die versuchten, jemanden zu verstecken, wurden repressive Maßnahmen angewandt. General Birjüzow verlangte von der bulgarischen Regierung eine Sonder-verordnung, welche die Militär- und Zivilverwaltung verpflichtete, das Erfassen aller Deutschstämmigen auf bulgarischem Territorium und deren Transport bis an die russische Grenze zu garantieren. Er verlangte sogar persönlich eine Kopie dieses Regierungsbeschlusses.
Unter dem Druck des Befehlshabers der sowjetischen Streitkräfte in Bulgarien beschloss der Ministerrat eine Eilverordnung: Alle im Land lebenden arbeitsfähigen deutschen Staatsangehörigen im Alter zwischen 17 und 45 Jahren (Männer) sowie alle Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren sollten sich am 7. Januar 1945 am Sammelpunkt Russe einfinden.
Alle dort versammelten Deutschen mussten in Richtung Russland in Bewegung gesetzt werden, von wo aus sie am 10. Januar 1945 weiter transportiert wurden.
Die bulgarische Seite fragte an, wie man in Fällen von Ehepartnern usw. handeln sollte.

Die Antwort war kategorisch: „…der Mobilisierung unterstehen alle arbeitsfähigen Deutschen, unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit“. Die Deportationen Deutschstämmiger, wohnhaft in Bulgarien, ging über das als Stichtag festgelegte Datum hinaus.

Deportation der russischen Weißgardisten

General Birjüzow kontrollierte persönlich die Aktion zur Ermittlung und Deportation der russischen Emigranten, die nach dem bolschewistischen Putsch 1917 in Russland als Weißgardisten Zuflucht in Bulgarien gefunden hatten.
Mit dieser Aufgabe war der sowjetische militärische Aufklärungsdienst „Smerch“ beauftragt.
Die Staatssicherheit Bulgariens gab den sowjetischen Diensten und deren Armee die volle Unterstützung zur Ermittlung einer großen Zahl ehemaliger Weißgardisten in Bulgarien.

Deportation der taurischen Bulgaren

Zwischen 1943 und 1944 waren einige tausend Bulgaren aus Taurien auf dem Territorium der Sowjetunion (heute Ukraine) als bulgarische Minderheit Repressionen ausgesetzt. Begründet wurde dies damit, dass sie als Bulgaren Verbündete Deutschlands im Krieg waren.
Sie schafften es mit ungeheuren Leiden und Opfern, in ihre alte Heimat zurückzusiedeln. Doch sofort nach dem Einmarsch des sowjetischen Heeres in Bulgarien 1944 wurden mit dem Befehl Stalins alle taurischen Bulgaren zurück in die UdSSR deportiert und als Feinde der Sowjetunion behandelt.

Zitat „Demokratzia“ 5.9.1994, Mirtcho Spasov, Mitglied ZK: „Die Partei zögerte mit dem Volksgericht, um die Säuberung der Feinde zu schaffen, mit dem Gericht könnten sie sich (vielleicht) herauswinden. Ha-ha! Ich hielt Verbindung mit Genosse Zhivkov (Todor). Er war in NOVA(Aufständische Volksbefreiungsarmee), im Keller der „Slavjanska beseda“. Wenn ich dorf eintraff, alle mieden mich, wussten womit ich beschäftigt war. Meine Arbeit war schwer, aber wer sollte sie erledigen, sie wollten sich nicht schmutzig machen… Wir führten sie im Keller der Direktion ein, spät in der Nacht holten wir sie raus, luden sie auf LKW „Opel Blitz“- und (fuhren) in Richtung Radomir. Jeden Tag gegen 10 kam ich in „Slavjanska beseda“… So verbrachten wir drei Monate, jede Nacht fünf Lastwagen.“
Auf diese Weise wurde das Schicksal der bulgarischen Elite in den letzten Monaten der 1944 besiegelt.
DAArchivi

>> „Volksgericht“ [3]

„Dem neuen Parteimitglied wird erklärt, dass er ab jetzt nicht mehr sich selbst und seiner Familie gehört, er gehört der Partei und seine Pflicht ist sein Leben zu opfern um die von ihr gestellten Aufgaben durchzusetzen…“
Privatarchiv St. R.
Stalin-Karikatur von Rajko Alexiev, der Grund seiner Hinrichtung