„Volksgericht“ [3]

Die angeklagten Regierungsmitglieder, Regenten und hohe Offiziere
Staatsbibliothek „Sw.sw. Kiril u. Metodij“

Am 24. September 1944 befürworteten sowohl das Politbüro der Bulgarische Kommunistischen Partei als auch der Ministerrat (am 30. September desselben Jahres) die „Durchführungsverordnung des Gesetzes für das Volksgericht“. Unter dem Vorwand, dass vor diesem Gericht die Schuldigen für das Hineinziehen Bulgariens in den Zweiten Weltkrieg an der Seite des Deutschen Reiches mit dem Kaiserreich Japan und dem Königreich Italien durch Beitritt zum Dreimächtepakt bestraft würden, begannen Massenverfolgungen gegen
Politiker, Armeeangehörige, Intellektuelle, Wissenschaftler, Schriftsteller, Journalisten und andere mit dem Ziel, die bürgerliche Elite der Nation zu vernichten.

Alle, die Widerstand gegen die verhängte Sowjetisierung Bulgariens durch die Kommunistische Partei hätten organisieren können, wurden verhaftet und vor das so genannte „Volksgericht“ gestellt.
Dieses Sondergericht wurde in grober Verletzung der damals geltenden bulgarischen Verfassung geschaffen und verstieß gegen die darin niedergelegten Grundprinzipien der Rechtsprechung. Als „Volksankläger“ wurden Parteiaktivisten eingesetzt, die nicht annähernd die notwendige juristische Qualifikation besaßen. In ihren Händen lagen sowohl die Voruntersuchungen, die Gerichtsuntersuchungen, als auch die Anklagen.
Die zu unrecht Beschuldigten waren praktisch vorverurteilt, ohne jede Möglichkeit ihre Unschuld zu beweisen. Die Urteile waren endgültig und konnten nicht angefochten werden.

Das „Volksgericht“ konfiszierte den Besitz aller Verurteilten. Ihre Familienangehörigen, sowie
nahe Verwandte wurden als Verwandte von „Volksfeinden“ lebenslangen Verfolgungen ausgesetzt.

Allein in der Nacht des 1. Februar 1945 und am Tag nach der ersten Urteilsverkündung wurden 3 Regenten, 33 Minister, 67 Volksvertreter, 47 Offiziere und weitere hingerichtet.

Nach Angaben, die der Hauptvolksankläger dem ZK der Bulgarische Kommunistischen Partei am 3. Juli 1945 vorlegte, sind im ganzen Land vom so genannten „Volksgericht“ 132 Massenprozesse durchgeführt und folgende Urteile verhängt worden:

Angeklagte 11 122
Todesurteile 2816 (vollstreckt 2700)
Lebenslängliche Urteile 1233
20 Jahre strenge Zuchthausstrafe 11
15 Jahre strenge Zuchthausstrafe 964
12 Jahre strenge Zuchthausstrafe 41
10 Jahre strenge Zuchthausstrafe 687
8-7-6 Jahre strenge Zuchthausstrafe 197
5 Jahre strenge Zuchthausstrafe 1006
3 Jahre strenge Zuchthausstrafe 379
2 Jahre strenge Zuchthausstrafe 318
1 Jahr strenge Zuchthausstrafe 724
1 Jahr auf Bewährung 668
Freispruch 1485
Unterbrochene und eingestellte Untersuchungen 386

Zum Vergleich:
Vom bulgarischen „Volksgericht“ zum Tode verurteilte und exekutierte hohe Mitglieder der alten Staatsführung: 150;
vom Internationalen Tribunal in Nürnberg: 11;
vom Internationalen Tribunal im Fernen Osten (Japan): 7

>> Beseitigung der Oppositionsparteien [4]

„Volksankläger“ Staatsbibliothek
„Sw.sw. Kiril u. Metodij
Prof. Alexander Stanischev- International anerkannter Mediziner, zum Tod verurteilt, erschossen als letzter, gezwungen, als Arzt den Tod aller vor ihm Erschossenen festzustellen.
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Dimitar Peschev, Stellvertretender Vorsitzender der Volksversammlung;
ihm wird der größte Verdienst für die Rettung der 40 000 bulgarischen Juden vor Deportation zugeschrieben. Vom „Volksgericht“ wurde er des „Antisemitismus“ beschuldigt.
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Trifon Kunev, Schriftsteller, angeklagt wegen den Satirebandes„Kleine, Winzige wie Kamele“
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